Interview mit Jacob Gorbunow: die Boulderbundesliga und der Deutschland Cup

Niklas
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Am 06.08 war Auftakt der Saison 2022/23 der Techniker Boulder Bundesliga und das wollte ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Die Boulder Bundesliga ist ein Wettkampf, der in Boulderhallen in ganz Deutschland ausgetragen wird, wo Wettkampfrouten geschraubt werden, an denen man sich messen kann. Zusätzlich fand abends zum ersten Mal der Deutschland Cup statt und ich durfte einen der Mitorganisatoren dieser beiden Events interviewen. Nach dem Interview schilder ich euch meine Eindrücke des Tages und teile ein paar Bilder mit euch. Dieser Beitrag ist keine Werbung, sondern meine Meinung, aus der Summe der Eindrücke die ich gesammelt habe. Ich wollte mir einen unvoreingenommenen Eindruck von der Boulder Bundesliga machen und auch das Interview ist mehr durch einen Zufall entstanden, als ich die Boulder Bundesliga wegen Bildrechten für unseren Blog angefragt habe. Aber nun zum Wesentlichen: Am Morgen des Auftakts, als noch nicht ganz so viel los war, haben Jacob und ich die Zeit genutzt und einen Kaffee getrunken.

Willst du dich kurz unseren Lesern vorstellen?

Ich bin Jacob. Seit Anfang des Jahres festes Mitglied des Boulder Bundesliga Teams. Hab selber als Teilnehmer mehrere Jahre mitgemacht, mitgeholfen und kenne die beiden Gründer sehr gut.

Kann man einfach zu einem Event der Techniker Boulder Bundesliga vorbeikommen?

Jeder, Jederzeit! Es gibt keinen Eintrittspreis. Man zahlt den normalen Halleneintritt, wenn man mit bouldern will. Sonst muss man sich nur bei uns auf der Seite anmelden.

Wie läuft euer Event ab? Kannst du uns den groben zeitlichen Ablauf erläutern?

Ein typischer Spieltag besteht aus 6 Wochen. Es werden meisten am Donnerstag und Freitag vor dem Kick-Off 36 bis 45 Routen geschraubt. Diese werden dann eingeteilt, sodass wir dann jeweils für die erste, zweite, dritte und jeweils für Männer und Frauen 15 Boulder haben. Diese Routen hängen dann 6 Wochen in der Halle und man versucht auf Vertrauensbasis so viele Routen wie möglich zu schaffen. Man trägt dann seine Ergebnisse auf unserer Webseite ein: www.boulder-bundesliga.de Dort kann man dann auch sehen, wo man im Ranking steht. Über die Saison gibt es 11 Spieltage. Die besten 100 Athleten der Saison werden zum Halbfinale eingeladen und die besten 6 sind dann im großen Showdown zu sehen: dem Finale der Techniker Boulder Bundesliga.

Muss man ein Profi sein, um mitzumachen?

Wir stehen dafür, dass jeder herzlich willkommen ist in diesem Wettkampfformat mitzumachen, unabhängig von Niveau, Alter, Größe, Herkunft oder sonst irgendwas. Wir haben die 3. Liga für z.B. Eltern die ihre Kinder begleiten, für Leute, die erst ein Jahr dabei sind oder mit ihren Freunden mitfahren wollen. Wir haben die 2. Liga in der für viele die genau richtige Herausforderung dabei ist und die 1. Liga, in der schon gut am Profibereich gekratzt wird und auch absolute Top-Athleten eine Wettkampfheimat finden. Mit der neune Saison und dem Start des Deutschland Cups wollen wir noch mehr die Deutsche Spitzenelite ansprechen.

Und es gibt auch Preisgelder zu gewinnen, richtig?

Es gibt Preisgelder zu gewinnen! Wir hatten für das Techniker Boulder Bundesliga Finale insgesamt 8200€ plus Sachpreise für die 2. und 3. Liga. Beim Deutschland Cup gibt es 4000€ Preisgeld zu gewinnen. 1000€ für den Ersten, 600€ für den 2. und 400€ für den 3. Für einen Tag lohnt sich das auf jeden Fall, wenn man sich, was dazuverdienen möchte.

Was gibt es noch neben der Boulder Bundesliga? Du hast ja gerade schon den Deutschland Cup angesprochen.

Richtig der Deutschland Cup als Novum. Für die Profis und die Livestreams. Wir begleiten unsere Wettkämpfe medial, sodass nicht nur die Leute in der Halle etwas davon haben, sondern auch Zuhause vorm Fernseher, wenn man es nicht zum Kick-Off geschafft hat, oder es nachholen möchte. Die Livestreams gibt es auf unserem Youtubekanal zu sehen. Unsere Webseite ist ganz bunt. Es gibt 3D Rundgänge von den Hallen, Beta-Videos, es gibt interessante Instagram-Beiträge. Wir haben diese Saison auch einen Twitch Stream.

Hier der Link zum Livestream und den Aufzeichnungen: www.twitch.tv/osnabloc

Beschreibe einmal bitte die Boulder Bundesliga in 3 Worten.

Mitmachen, jederzeit, überall!

Was sind eure Ziele für die Zukunft?

Das ist schwierig, weil wir sehr viele Ziele haben und man schauen muss, was davon erreichbar ist. Ich möchte vor allem den Sport im Allgemeinen voranbringen und ein Wettkampfformat anbieten, in dem sich jeder der drauf Lust hat messen kann.

Ich würde sagen, dazu habt ihr schon viel beigetragen. Mit der Boulder Bundesliga habt ihr den Sport auf jeden Fall ins Rampenlicht gebracht. Vielen Dank nochmal für das Interview, Jacob!

Schaut auf jeden Fall bei der Boulder Bundesliga Webseite vorbei, wann bei euch in der Nähe das nächste Event stattfindet. Vor allem, wenn ein Deutschland Cup zusätzlich ausgetragen wird, lohnt es sich doppelt. Dazu kommt die Tage auch noch ein Beitrag online.

Ich hab mir den Podcast der Boulder Bundesliga am Vortag angehört, vor allem als Vorbereitung zum Interview. Ich war schockiert, wie tragisch und lang die Historie des Chimpanzodromes ist und wie wenig ich darüber wusste, gerade im Hinblick auf unseren Beitrag. Wenn euch die Geschichte interessiert, hier der Link: www.spotify.com/episode/frechen

Nun zum eigentlichen Event: Der Auftakt der Boulder Bundesliga. Obwohl ich schon seit einigen Jahren bouldere, war ich noch nie auf einem Event der Liga. Für mich ging es morgens um 11 los. Es waren schon einige Leute da und tasteten sich an die Boulder heran. Man nimmt sich ein Scorecard, wo jede Route aufgelistet ist, auf der man dann später seine Ergebnisse eintragen kann. Schon beim Rundgang fällt auf, dass viele besondere Griffe verwendet werden. Der Schwierigkeitsgrad der 3. Liga war für sportliche Anfänger super geeignet. Die Routen der 2. Liga waren anspruchsvoller in allen Belangen. Hier wird Stärke, Ausdauer und Koordination von euch abverlangt. Fortgeschrittene Kletter:innen kommen damit aber auf jeden Fall zurecht. Das Routesetting ist, wie nicht anders zu erwarten, Spitzenklasse. Viel Dynamik, viel Köpfchen und einige sehr spezielle Routen, die man so nicht alle Tage sieht. Dazu mischen sich aber auch gerade in den niedrigeren Ligen klassische statische Routen, wo vor allem Griffkraft und Ausdauer gefordert wird. Gerade im Chimpanzodrome wurden natürlich auch einige Routen an das 60 Grad geneigte Dach geschraubt. Hier braucht ihr nicht nur ordentliche Rücken- und Armmuskeln, sondern auch Ausdauer, denn die Routen sind fürs Bouldern verhältnismäßig lang.

Chimpanzodrome-Boulderbundesliga-60-Grad-Dach

Es war sehr viel los, wie ihr sehen könnt. Normalerweise störend, doch hier war es wahnsinnig aufregend und anstachelnd. So viele Spitzensportler auf einem Haufen bedeutet, egal wo man hinschaut, man findet immer spannende Boulder:innen in Action. Dazu kommt, dass alle gemeinsam versuchen, die komplizierten Routen der Schrauber zu knacken. Somit kommt ihr sofort ins Gespräch, die Leute sind super offen. Ich war hellauf begeistert und habe mir direkt vorgenommen, dass ich nächstes Wochenende im Boulderplanet, direkt wieder dabei sein werde.

Deutschland Cup Final Boulder

Am Abend gab es das absolute Highlight für mich und viele andere. Zum ersten Mal wurde der Deutschland Cup ausgetragen. Die Routen wurden vorher geschraubt und abgedeckt. Somit war die Enthüllung schon sehr spannend. Da das Event zum ersten Mal stattfand hatte ich und wahrscheinlich auch alle anderen keine wirkliche Erwartungshaltung. Ein Blick auf die Routen reichte, um zu merken, wie professionell die Schrauber und das Niveau hier sind. Männer und Frauen treten gleichzeitig, an zwei unterschiedlichen Boulderrouten, an. Alle Teilnehmer haben am Anfang 2 Minuten pro Route Zeit diese zu beobachten und sich erste Lösungsansätze und Bewegungsabläufe auszudenken. Danach kommen die Sportler hinter eine Trennwand, um ihre Kontrahenten nicht beobachten zu können. Dann werden die ersten beiden Kandidaten des Geschlechts aufgerufen und diese haben 4 Minuten Zeit so viele Punkte wie möglich zu schaffen. Die Maximalpunktzahl gibt es, wenn man beim ersten Versuch den obersten Griff erreicht. Das nennt man dann einen „Flash“. Sollte man es nicht beim ersten Versuch geschafft haben, aber innerhalb des Zeitlimits, bekommt man die zweitmeisten Punkte. Für das Erreichen der Zone, einen Griff auf halber Strecke der Route, gibt es noch ein paar Punkte. Sollte man keines dieser Ziele erreichen, geht man leer aus. Es gibt drei Boulderrouten, an denen sich die Teilnehmer versuchen können.

Die Routen waren wirklich bockschwer, wodurch das Publikum unglaublich mitgefiebert hat. Die Atmosphäre war fantastisch, keine meiner Schilderungen wird ihr gerecht und das bei gerade mal rund 100 Zuschauern würde ich schätzen. Noch ist der Cup ein Geheimtipp und gerade deswegen konnte man auf wenige Meter an die Routen und die Teilnehmer heran. Dadurch bekommt man ein viel besseres Gefühl für die Griffe, die Neigung, die Distanzen und somit auch den Schwierigkeitsgrad. Auf Livestreams oder im Fernsehen kam dies nicht so gut rüber. Also auch hier kann ich nur sagen, dass ich begeistert war. Schaut auf jeden Fall live vorbei, es lohnt sich. Ihr zahlt keinen Eintritt, wenn ihr einfach nur zuschauen wollt. Dieses Spektakel verdient auf jeden Fall mehr Zuschauer. Hannah Meul live klettern zu sehen, war für mich der Höhepunkt des Abends. Sie hat die Boulder mit einer gefühlten Leichtigkeit gerockt, das war der Wahnsinn. Hier noch erwähnenswert, finde ich es super, dass Männer und Frauen sowohl, das gleiche Preisgeld, als auch die gleiche Aufmerksamkeit kriegen.

Deutschland Cup Final Boulder

Fazit: Ich kann euch nur wärmstens empfehlen: kommt vorbei, probiert die Boulder Bundesliga selbst aus! Es ist eine wirklich tolle Veranstaltung, mit super sympathischen, offenen Leuten und spannenden Boulderproblem, die es gemeinsam zu lösen gilt. Dazu der Deutschland Cup, welcher ein Spektakel ist, was ich nicht mehr missen möchte. Ich hab mich jetzt für die 2. Herren Liga angemeldet und freue mich auf weitere spannende Wettkämpfe.

Niklas

Niklas

Vor 7 Jahren habe ich mit dem Bouldern im Boulderplanet Köln angefangen und es war Liebe auf den ersten Blick. Ich bin immer in der Region geblieben und hab über die Jahre viele Hallen um Köln herum getestet.

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